Gleich zweimal war Hauptmann Johannes Ehmann, seines Zeichens Jugendoffizier der Bundeswehr für Oberfranken, im Februar und März 2012 Gast in unserem Haus. Sein Auftrag lautete: Bringen Sie den Schülerinnen und Schülern der Q12 kurz vor dem Abitur innerhalb von 90 Minuten soviel wie möglich über Internationale Politik bei. Und das tat der 29-jährige Zeitsoldat, bewaffnet mit einer Powerpoint-Präsentation auf dem Laptop, in beeindruckender Art und Weise.

Anhand des Afghanistan-Konfliktes erläuterte er den Schüler/innen die Rolle der Vereinten Nationen innerhalb des politischen Weltgeschehens. Ausgehend von den Terroranschlägen des 11. Septembers rekapitulierte er die einzelnen Stationen, wie es zum bewaffneten Einsatz in Afghanistan kam und welche Handlungsmöglichkeiten für UNO und NATO bestanden. Auch auf aktuelle Probleme, die zum Beispiel in der historisch gewachsenen Struktur des UN-Sicherheitsrates liegen, in dem jedes der fünf ständigen Mitglieder ein Vetorecht hat und damit Beschlüsse im Alleingang verhindern kann, ging er ein. Trotz aller Schwierigkeiten, die sich gerade auch in der aktuellen Situation in Syrien zeigen, gilt aber nach wie vor der Ausspruch Winston Churchills: „Bei den Vereinten Nationen geht es nicht darum, dass wir alle in den Himmel kommen, sondern darum, dass wir die Hölle vermeiden!“
Dieses Motto könnte auch dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zugrunde liegen, auf den Hauptmann Ehmann am Schluss seines Vortrages detailliert einging, konnte er doch von eigenen Erfahrungen während eines viereinhalb Monate dauernden Einsatzes am Hindukusch berichten. Dieser Teil der Veranstaltung stellte für die Schüler/innen zweifelsohne den Höhepunkt dar, kannten sie die Berichte von Afghanistan-Veteranen bislang doch nur aus dem Internet. Nun stand ein echter Soldat vor ihnen, der über das Leben in einem Land berichtete, in dem eine Außentemperatur von 45°C (in Fahrzeugen sogar bis zu 80°C!) keine Seltenheit sind und in dem man in ständiger Angst vor Anschlägen der Taliban lebt. Im Lager gibt es keinerlei Privatsphäre, zwei Offiziere teilen sich ein Zimmer von nicht einmal 10 qm, untere Dienstgrade leben sogar zu dritt in einem solchen Zimmer. Die einzige Möglichkeit, den Stress abzubauen, der durch die Trennung von der Familie, die fehlende Privatsphäre sowie die ständige Lebensgefahr entsteht, ist der Sport. Wie vergnüglich das jedoch bei hohen Außentemperaturen und der Notwendigkeit, bis zu 8 Litern am Tag trinken zu müssen, ist, kann man sich wohl vorstellen. Verlassen die Soldaten das Lager, wird die Situation nicht besser. Sie tragen ca. 35 kg Marschgepäck mit sich (2 l Wasser, eine Schutzweste von 18 kg, Sanitätsmaterial, Waffen und Munition), schlafen im Feldbett oder im Fahrzeug und haben keinerlei Sanitäreinrichtungen. Erst ab fünf Tagen wird ein Sanitärcontainer mitgeführt.
Auf die Frage, ob der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr abgebrochen werden sollte antwortete der Jugendoffizier, dass man dieses Land, das 30 Jahre Bürgerkrieg hinter sich habe, nicht nach unseren Maßstäben beurteilen dürfe. Wenn man sehe, dass Fleisch auf dem Markt ohne jegliche Kühlung verkauft werde oder dass Brot neben einer Latrine verkauft werde, habe man als westlicher Beobachter natürlich den Eindruck, dass sich nichts zum Besseren verändert habe. Fortschritte seien aber durchaus gemacht worden, zum Beispiel habe sich der Zugang zu Ärzten für viele Afghanen erheblich verbessert, außerdem besitze fast jeder Afghane ein Handy, weil die Zeit der Festnetze schlichtweg übersprungen worden sei. Was man allerdings benötige, um in diesem zerrissenen Land echte Fortschritte zu sehen, sei Geduld, sehr viel Geduld.